Für drei ausgewählte Vitrinen in der ehemaligen Galeria Kaufhof-Filiale in der Wittener Innenstadt, die Ende 2020 geschlossen wurde, entwickelte die Künstlerin Joanna Piotrowska (*1985 in Warschau) surrealistisch anmutende Szenen aus fotografischen Versatzstücken: Überdimensionale Hände streichelten Baumstämme, in einem Schaufenster entfaltete sich hinter einem senfgelben Vorhang ein dunkles Meer. Die Arbeit mit dem Titel Dreams Are The Facts From Which We Must Proceed öffnete anstelle der üblichen Versprechungen der Mode- und Warenwelt einen entrückten Blick in ein anderes Dasein und reflektierte zugleich durch die Wahl des Ortes die ambivalenten Begehren des Menschen nach Verbindung mit der Natur und zugleich materiellem Konsum. Für ihre Arbeit in den Schaufenstern des ehemaligen Kaufhauses zoomte Joanna Piotrowska in eigene Schwarz-Weiß-Fotografien und emanzipierte so einzelne Bestandteile der Fotografien aus dem Medium selbst.
Die Künstlerin, die von zeitgenössischen Choreografien inspiriert wurde, arbeitete meist im Medium der analogen Fotografie. Ihre Arbeiten zeigten oft Menschen in ihrem privaten Umfeld und in intimen Posen, die rätselhaft wirkten. Diese inszenierten Szenen haben eine traumähnliche Grundstimmung und hinterließen ein berührendes, bisweilen unheimliches Gefühl. Ausgehend von der Psychoanalyse interessierte Joanna Piotrowska in ihren Werken das Häusliche, das Familiäre und die Position der Frau innerhalb der Gesellschaft. Aus den Fotografien sprachen auf diese Weise immer auch die strukturelle Umgebung sowie die abgründigen und politischen Dimensionen, in die die dargestellten Protagonist*innen eingebunden war.
Die Künstlerin hatte zuletzt unter anderem eine Einzelausstellung in der Kestner Gesellschaft, Hannover (2022) und war bei der 59. Biennale von Venedig (2022) vertreten.
Joanna Piotrowska lebte in London.
- Festival
Das Projekt Dreams Are The Facts From Which We Must Proceed fand im Rahmen des Ruhr Ding: Schlaf vom 05.05.—25.06.2023 in Witten statt.
