Essen-Steele

Der in Essen an der Ruhr gelegene Stadtteil Steele war bis 1929 eine selbstständige Stadt. Die eigene Gründungsgeschichte seit 1578 ist atmosphärisch noch deutlich spürbar, wenngleich Steele vor allem durch die radikale Stadtentwicklungspolitik in den 1960er und frühen 1970er Jahren traurige Berühmtheit erfuhr. Den Umstrukturierungsmaßnahmen fielen ganze Straßenzüge aus Fachwerkhäusern und Gründerzeitbauten zum Opfer, von denen ein Großteil hätte gerettet werden können, wie unter anderem die 1998 erschienene Studie von Tim Schanetzky mit dem Titel Endstation Größenwahn belegt. Das neue Stadtbild, das bis heute charakteristisch für Steele ist, zeichnet sich durch eine niedriggeschossige Bebauung aus den 1970er Jahren aus und wirkt ein wenig wie eine touristisch genutzte Stadt am Meer – nur dass das Meer in Steele die Ruhr ist und die Strandpromenade eher bescheiden ausfällt. Besonders forciert wurde der Stadtumbau durch den von Skandalen begleiteten Neubau einer zweiten Essener Filiale des Kaufhauses Wertheim, das im Jahr 1972 eröffnete und wegen Missmanagement und unglücklicher Verkehrsführung bereits im Februar 1979 wieder geschlossen wurde. Das Steeler Archiv, das uns bei unseren Recherchen unterstützt hat, besitzt Regale voller Akten und Fotos, anhand derer sich die Stadtgeschichte nachvollziehen lässt. Auch wenn ein Umbau zur autofreundlichen Stadt im Ruhrgebiet in den 1970er Jahren keine Besonderheit war, blieb das Schicksal von Steele ein Einzelfall. Danach konnten politisch keine Mehrheiten mehr für derart drastische Stadtumbauten gefunden werden. In den 1970er Jahren erwachte allgemein ein größeres Selbstverständnis der Bürger*innen, was auch bedeutete, dass man bei vergleichbaren Projekten mit lautstarken Protesten rechnen musste.