Composition

Ruhr Ding Louis Henderson Joao Polido 6744
Ruhr Ding Louis Henderson Joao Polido 6763

Nur wenige hundert Meter entfernt vom Standort der Soundinstallation sehen wir dem Abriss des ehemaligen Presswerks der Bochumer Opelwerke zu. Mitte des 20. Jahrhunderts hatte die Adam Opel GmbH das stillgelegte Zechengelände Dannenbaum I erworben, bis 2014 waren hier bis zu 11.600 Arbeiter*innen angestellt. Auf dem Grundstück nebenan eröffnet aktuell ein hochmodernes DHL-Paketzentrum. In wenigen Monaten werden hier 600 Angestellte in drei Schichten bis zu 50.000 Pakete pro Stunde sortieren.

Umwandlungsprozesse wie diese finden seit Jahrzehnten in weiten Teilen Europas und der Welt statt: Das post-industrielle Zeitalter prägt Landschaft und Gesellschaft gleichermaßen. Louis Henderson und João Polido recherchierten in der Region nach dem musikalischen Echo, das mit den Veränderungen einhergeht. Entstanden ist ein musikalisches Essay, welches Musik als Form des konkreten Widerstandes zum industriellen Kapitalismus in Raum und Zeit beschreibt. Die Künstler arbeiten unter anderem mit Samples, die als Reaktion auf entfremdete Arbeitsbedingungen entstanden sind. Sie bringen diese via Playback in die leerstehenden Fabrikhallen des Opelgeländes zurück und zeichnen ihre akustischen Echos auf. In der Komposition lassen sich auch Fragmente aus Jazz und Blues ausmachen, musikalische Traditionen also, die auf die Erfahrung von Ausbeutung und Unterdrückung der afrikanischen Sklaven zurückgehen. Elemente aus House und Techno hingegen beschreiben die körperliche Befreiung von den räumlichen und zeitlichen Beschränkungen der fordistischen Schichtarbeit.

Begleitend zu der begehbaren Installation veröffentlichen die Künstler fünf Radioessays, welche die Recherche nach dem Zusammenhang von industrieller Arbeit und Musik narrativ aufgreifen. In Interviews mit regionalen und internationalen Musiker*innen spüren sie dem Einfluss von Industrialisierung und Migration auf die Musikproduktion nach.


Festival

Die Installation Composition wurde im Rahmen des Ruhr Ding: Territorien entwickelt und war vom 4.5.—30.6.2019 auf dem ehemaligen Opel-Gelände in Bochum zu sehen.


Episoden
Louis Henderson c Sabrina Richmann Künstler*in ©

Louis Henderson & João Polido

Den Fokus der künstlerischen Arbeit von Louis Henderson bildet die Befragung eines durch Rassismus geprägten Kapitalismus im Kontext von Globalisierung und Kolonialgeschichte.